26.11.2014|Gesamtwirtschaft

Konjunktur in Baden-Württemberg: Deflationsszenario in Baden-Württemberg wenig wahrscheinlich

Karlsruhe, 24.11.2014. Mit ihrer geldpolitischen Offensive seit Anfang September hat die EZB der befürchteten Deflationsspirale offiziell den Kampf angesagt. Die Sorge, dass infolge einer sinkenden Inflationsrate die Konjunktur einbrechen könnte, nimmt zu. Auch in Baden-Württemberg: Der Geschäftsklimaindex sinkt. Dennoch rechnen vor allem die Industrieunternehmen im Land damit, dass sie in den nächsten sechs Monaten höhere Verkaufspreise durchsetzen können.

In Baden-Württemberg kühlt ganz ähnlich wie auf Bundesebene das Geschäftsklima weiter ab. Im Oktober 2014 fiel der ifo-Geschäftsklimaindex für die Wirtschaft im Südwesten von +5 Punkte auf -1 Punkt – und damit auf den niedrigsten Stand des Jahres. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Konjunkturbericht der L-Bank, Staatsbank für Baden-Württemberg.

Genährt werden die Sorgen um die Konjunktur durch die niedrige Inflationsrate. Europaweit lag sie im September bei 0,3 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit knapp fünf Jahren. Einige Länder wie Spanien und Griechenland kämpfen bereits mit einer Deflation. In Baden-Württemberg betrug die Preissteigerungsrate im September 0,8 Prozent und lag damit – 0,1 Prozentpunkte unter dem Wert des Vormonats. „Die aktuelle Inflationsrate, gemessen am Konsumentenpreisindex, ist extrem niedrig. In Europa weckt das Ängste vor einer deflationären Entwicklung“, sagte Prof. Dr. Clemens Fuest, Präsident des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). 

Ein denkbares Szenario ist, dass die europäischen Verbraucher in der Hoffnung auf weiter sinkende Preise Einkäufe verschieben. Als Konsequenz würden die Unternehmen weniger Gewinn erwirtschaften, Investitionen ausbleiben und schließlich Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Die Situation am Arbeitsmarkt wirkt sich in der Regel wiederum auf den Konsum aus und erhöht den Druck auf die Preise. Das Ergebnis: Die Konjunktur wird geschwächt.

„In Deutschland und speziell in Baden-Württemberg halte ich dieses Szenario für wenig wahrscheinlich. Hier im Land rechnen die meisten Unternehmen mit steigenden oder wenigstens stabilen Preisen“, sagte Dr. Axel Nawrath, Vorsitzender des Vorstands der L-Bank. Im Verarbeitenden Gewerbe trifft das aktuell für 94 % der befragten Unternehmer zu – ein Wert auf Höhe der Vormonate. Dazu tragen vor allem die Branchen Maschinenbau, Autoindustrie und Elektrische Ausrüstungen bei. Dagegen gehen nur wenige Branchen wie die Bauindustrie und die Metallindustrie mehrheitlich von sinkenden Preisen aus.

Auch die meisten baden-württembergischen Verbraucher gehen noch von steigenden Preisen aus. Der Preisklimaindex liegt bei 28,5 Punkten. Allerdings gehen die Preiserwartungen seit Monaten zurück, auf den niedrigsten Wert seit Januar 2012. „Gegen die Deflation bei Konsumentenpreisen kann vor allem die Europäische Zentralbank etwas tun. Sie sollte versuchen, mittelfristig das Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen, ohne Preisblasen bei Vermögenswerten zu verursachen. Das ist allerdings nicht einfach, weil mehr Liquidität derzeit vor allem gehortet wird und nicht in die Güternachfrage geht“, sagte ZEW-Präsident Clemens Fuest. „Die Preiserwartungen von Unternehmen und Konsumenten haben viel mit Vertrauen in die Zukunft zu tun“, bekräftigte Nawrath in diesem Zusammenhang. Es bleibt also viel Arbeit für Europas Währungshüter.

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